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10.09.25
Verbände: Deutschland droht Rückstand bei Biomethan
Verbände: Deutschland droht Rückstand bei Biomethan
Hamburg, 10 September (Argus) — In einem umfassenden Positionspapier vom 10.
September fordert das Hauptstadtbüro Bioenergie eine stärkere politische und
infrastrukturelle Unterstützung für Biomethan und Bio-LNG, um einen Rückstand
beim Biomethanausbau in Deutschland im Vergleich zum europäischen Ausland zu
verhindern. Die Verbände sehen im Biomethan zentrale Bausteine für die
Energiewende und warnen vor einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit — sowohl in
Deutschland als auch im europäischen Binnenmarkt. Das Hauptstadtbüro Bioenergie
(HBB) — ein Zusammenschluss des Bundesverbands Bioenergie, des Deutschen
Bauernverbands, des Fachverbands Biogas und des Fachverbands Holzenergie —
kritisiert insbesondere, dass Deutschland bislang keine eigene
Biomethanstrategie verfolgt. Während andere EU-Staaten ihre Biogas- und
Biomethanproduktion ausbauen und die Rahmenbedingungen für die Einspeisung
verbessern, bleibt Deutschland hinter den europäischen Entwicklungen zurück. Die
EU-Kommission verfolgt mit dem RePowerEU-Plan und dem Fahrplan zur Beendigung
russischer Energieimporte das Ziel, die europäische Biomethanproduktion bis 2030
auf 35 Milliarden Kubikmeter zu steigern — Deutschland hat sich diesem Ziel
bisher nicht angeschlossen. Laut der European Biogas Association (EBA)
produzierte Deutschland in 2023 circa 13 TWh Biomethan, das entspricht etwa 1,3
Milliarden Kubikmetern. Stattdessen läuft die Gasnetzzugangsverordnung ohne
Nachfolgeregelung aus. Bisher bestand für Biomethan eine spezielle
Gasnetzregulierung, welche ein zentraler Treiber für den Ausbau der
Biomethaneinspeisung in Deutschland war. So hatten Biosgasanlagen ein gesetzlich
verankertes Recht auf Anschluss an das Gasnetz und der Großteil der
Netzanschlusskosten wurden vom Netzbetreiber übernommen. Mit dem Wegfall dieser
Regelung droht eine deutliche Verschlechterung der Rahmenbedingungen für
Produzenten oder prospektiver Produzenten von Biomethan. Das HBB fordert daher
dringend eine Nachfolgeregelung, die den weiteren Ausbau von Biomethan
ermöglicht. Laut dem Fachverband Biogas könnten allein durch die Umrüstung
bestehender Anlagen bis zu 35 TWh zusätzlich ins Gasnetz eingespeist werden —
fast das Dreifache der aktuellen Menge. Auch in den Bereichen Verkehr, Wärme und
Strom sieht das HBB erhebliches Verbesserungspotenzial. Im Verkehrssektor
fordert der Verband eine stärkere Anhebung der Treibhausgasminderungsquote
(THG-Quote), insbesondere für das Jahr 2027, sowie einen höheren Mindestanteil
fortschrittlicher Kraftstoffe, um Biomethan stärker in den Markt zu bringen. Die
THG-Quote soll nach dem derzeitigen Plan zur Umsetzung der RED III 2027 bislang
auf 15 % steigen. Gleichzeitig kritisiert das HBB die systematische
Benachteiligung von Nutzfahrzeugen mit erneuerbaren Kraftstoffen: Während
Elektrofahrzeuge von der LKW-Maut befreit sind, gelten Bio-LNG- und
Bio-CNG-Fahrzeuge als emissionspflichtig — obwohl sie klimaneutral betrieben
werden können. Darüber hinaus fordert das HBB gezielte Förderprogramme für
Bio-CNG- und Bio-LNG-Technologien in der Landwirtschaft sowie den Ausbau der
Tankstelleninfrastruktur. Derzeit hemmt das geringe Netz die Entwicklung der
Biomethanmobilität. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die THG-Quote selbst:
Während strombasierter grüner Wasserstoff aus Elektrolyse in Raffinerien auf die
Quote angerechnet werden kann, bleibt biogener Wasserstoff aus
Biomethan-Dampfreformierung außen vor — ein klarer Wettbewerbsnachteil für die
Biomethanbranche, so das HBB. Im Wärmesektor fordert das Hauptstadtbüro
Bioenergie mehr Offenheit für technische Vielfalt und weniger regulatorische
Hürden. Biomethan soll als gleichwertige Option zur erneuerbaren Wärmeversorgung
anerkannt werden — insbesondere dort, wo Wärmepumpen an bauliche Grenzen stoßen,
etwa in Altstädten oder Bestandsgebäuden. Die Verbände kritisieren, dass Biogas
und Biomethan im Gebäudeenergiegesetz (GEG) und Wärmeplanungsgesetz gegenüber
Wasserstoff und Strom diskriminiert werden — etwa durch unrealistisch hohe
Primärenergiefaktoren oder strengere Anforderungen bei der Netztransformation,
was die Preise verhältnismäßig treiben könnte. Zudem sollen die Mindestanteile
für erneuerbare Energien in Heizungen und Wärmenetzen erhalten bleiben, um den
Ausbau klimafreundlicher Wärmeversorgung voranzutreiben. Diese sind im GEG
derzeit für einen Mindestanteil von 65 % erneuerbarer Energien für neu
installierte Heizungen festgesetzt, jedoch befürchten viele Marktteilnehmer,
dass die Regierung in ihrer Anpassung des GEG diese Mindestanteile reduzieren
oder streichen könnte. Die Verbände hoffen, dass ein aus ihrer Sicht fairer
Wettbewerb zwischen allen erneuerbaren Wärmeoptionen etabliert werden kann und
dass Biomethan nicht zu Gunsten von Wärmepumpen und Wasserstoff benachteiligt
wird. Auch in der Stromerzeugung sieht das Hauptstadtbüro Bioenergie erhebliches
Potenzial für Biomethan, vor allem als klimaneutrale Reserve in Dunkelflauten.
Anders als beispielsweise Wind- oder Solarstrom oder Wasserstoff, lässt sich
Biomethan flexibel einsetzen und über bestehende Infrastruktur speichern. Die
Verbände fordern daher, dass Biomethan bei Ausschreibungen nach dem
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als vergütungsfähiger Brennstoff anerkannt
wird. Bisher ist das nicht der Fall — ein Ausschluss, der flexible Biogasanlagen
und Biomethan-Blockheizkraftwerke benachteiligt, so das HBB. Zudem soll der
sogenannte "Maisdeckel" im EEG gestrichen oder zumindest an die Regelungen im
Gebäudeenergiegesetz angepasst werden. Dieser begrenzt den Einsatz von
Maispflanzen und erschwert damit die wirtschaftliche Nutzung bestehender
Anlagen. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an der Überarbeitung des
Referentenentwurfs zur Umsetzung der RED III sowie an neuen Fassungen des GEG
und EEG. Das Hauptstadtbüro Bioenergie und die Branche hoffen, dass die
Vorschläge aus dem Positionspapier Berücksichtigung finden — damit Deutschland
endlich auf die europäischen Biomethan-Ziele hinarbeiten kann. Von Svea Winter
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