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23.10.25
Rosneft Deutschland von US-Sanktionen ausgenommen
Hamburg, 23 October (Argus) — Die Regierung von Präsident Donald Trump hat am
22. Oktober Sanktionen gegen zwei der größten russischen Ölproduzenten, Rosneft
und Lukoil, verhängt. Deutsche Tochtergesellschaften von Rosneft sind von den
Sanktionen ausgenommen — trotzdem könnten sie den angestrebten Verkauf der
Vermögenswerte erschweren. US-Präsident Donald Trump kündigte die Maßnahmen am
22. Oktober an, da Washington Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir
Putin ausüben will, um die Invasion in der Ukraine zu beenden. Die Sanktionen
drohen mit Strafen für jeden ausländischen Geschäftspartner der beiden
Unternehmen — und schließen sie von globalen Finanztransaktionen auf
US-Dollar-Basis aus. Rosneft und Lukoil sind die beiden größten Ölproduzenten
und -exporteure Russlands. Die Regierung des ehemaligen Präsidenten Joe Biden
hatte in ihren letzten Amtswochen Sanktionen gegen die dritt- und viertgrößten
russischen Rohölproduzenten, Gazpromneft und Surgutneftegaz, verhängt.
Großbritannien hatte bereits in der Vorwoche Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil
ausgesprochen. Die deutsche Tochtergesellschaft von Rosneft, Rosneft
Deutschland, scheint laut einer Pressemitteilung des US-Finanzministeriums von
den Sanktionen vonseiten Großbritanniens und der USA ausgenommen zu sein. Dies
deckt sich auch mit der Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWE).
Eine Sprecherin sagte auf Anfrage von Argus : "Entsprechend der gemeinsamen
Zielsetzung der G7 gehen wir davon aus, dass die Maßnahmen der Vereinigten
Staaten — ebenso wie die Maßnahmen der EU und des Vereinigten Königreichs — sich
nicht gegen die in Treuhand des deutschen Staates geführten
Tochtergesellschaften von Rosneft in Deutschland richten sollen." Grund für die
Annahme sei insbesondere, dass das operative Geschäft nicht aus Russland
gesteuert wird und auch keine Einnahmen für die russische Muttergesellschaft
generiert werden. Die Bundesnetzagentur, Treuhandverwalter von Rosneft
Deutschland, prüfe derzeit, ob es trotzdem indirekte Auswirkungen auf das
operative Geschäft in Deutschland gibt. Berlin verlängerte im September die
Treuhandverwaltung bis zum 10. März 2026. Die deutsche Tochtergesellschaft hält
Beteiligungen von 54 % an der Schwedt-Raffinerie (230.000 bl/Tag) des
PCK-Konsortiums, 24 % an der Miro (310.000 bl/Tag) und 28,6 % an der Raffinerie
Vohburg-Neustadt (215.000 bl/Tag) der Bayernoil-Gruppe. Denkbar ist, dass die
jüngsten US-Sanktionen jedoch den angestrebten Verkauf der deutschen
Vermögenswerte von Rosneft erschweren könnten. Bei einem Verkauf müsste der
Erlös an die Muttergesellschaft in Russland fließen. Und ein solcher Finanzstrom
birgt für den Käufer die Gefahr, dass die USA diesen als Sanktionsbruch werten.
Ob dies eine Verstaatlichung beziehungsweise Enteignung durch die
Bundesregierung wahrscheinlicher macht, kommentierte das BMWE nicht. Sanktionen
verunsichern den europäischen Mineralölmarkt Händler im Norden und Süden
Deutschlands erklärten, sie würden weiterhin bei Rosneft Deutschland einkaufen,
und auch Schiffsbetreiber sagten, dass die Geschäfte mit Rosneft Deutschland wie
gewohnt weiterlaufen würden. Ein anderer Marktteilnehmer berichtet, einige
deutsche Käufer von Raffinerieprodukten würden Rosneft Deutschland meiden,
obwohl das Unternehmen weiterhin unter staatlicher Treuhandverwaltung steht.
Stattdessen beziehen sie Produkte aus Polen und dem Handelszentrum
Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen (ARA). Litasco, eine Tochtergesellschaft von
Lukoil, wird laut Aussagen europäischer Marktteilnehmer am Tag nach
Bekanntwerden der Sanktionen als Handelspartner gemieden. Das Unternehmen habe
auch Schwierigkeiten mit seinen Schiffsoperationen, sagte ein Destillat-Händler.
Litasco hat auf eine Anfrage zur Stellungnahme bisher nicht reagiert. Der
finnische Raffineriebetreiber Neste bestätigte am 23. Oktober, dass er alle
Kraftstofflieferungen an Teboil, Lukoils finnische Tankstellen-Tochter,
eingestellt hat. Das Unternehmen betreibt 400 Tankstellen im Land und macht ein
Fünftel aller finnischen Tankstellen aus. Die Kraftstoffversorgung im Land sei
insgesamt nicht beeinträchtigt, sagte ein finnischer Beamter, fügte jedoch
hinzu, dass die US-Sanktionen "möglicherweise Auswirkungen auf den Betrieb von
Teboil und seinen Kooperationspartnern haben könnten". Derzeit scheinen
europäische Raffinerien mit gemeinsamer Eigentümerstruktur mit Lukoil oder
Rosneft auch außerhalb Deutschlands normal zu arbeiten. Die niederländische
Gewerkschaft FNV erklärte, dass die Beschäftigten der Flushing-Raffinerie
(185.000 bl/Tag) — die gemeinsam von Lukoil und TotalEnergies betrieben wird —
keine Störungen festgestellt hätten. Der Status der Raffinerien Burgas (115.000
b/d) in Bulgarien und Petrobrazi (47.800 b/d) in Rumänien war zunächst unklar.
Ausländische Kunden von Lukoil und Rosneft haben laut einer Mitteilung des
US-Finanzministeriums bis zum 21. November Zeit, alle Transaktionen mit den
beiden Unternehmen abzuwickeln. In der Praxis werden Rosneft und Lukoil einige
Kunden verlieren — ebenso wie zuvor Gazpromneft und Surgutneftegaz — und jedes
Rohöl, das sie über Umwege verkaufen, wird stark rabattiert sein. China, Indien
und die Türkei sind die Hauptabnehmer von russischem Rohöl per Schiff. Ein Teil
des russischen Rohöls gelangt über die Druschba-Pipeline zu Raffinerien in
Ungarn und der Slowakei. Russland exportiert außerdem Rohöl per Pipeline nach
China. Trump sagte am Mittwoch — wie bereits eine Woche zuvor —, dass der
indische Premierminister Narendra Modi versprochen habe, die Importe von
russischem Rohöl einzustellen. Indische Raffinerien erklärten letzte Woche, sie
hätten bislang keine Anweisung ihrer Regierung erhalten, den Kauf von russischem
Öl kurzfristig zu reduzieren oder einzustellen. Doch Indiens Reliance Raffinerie
(1.240.000 bl/Tag), der größte Käufer von russischem Urals-Rohöl im Land,
scheint seine Käufe von Rohöl aus dem mittleren Osten zu erhöhen —
möglicherweise als Vorbereitung auf eine Reduzierung der russischen Importe.
Käufer in Indien und staatliche chinesische Unternehmen meiden in der Regel
Rohöl von Exporteuren, die direkt von US-Sanktionen betroffen sind. Unabhängige
chinesische Raffinerien hingegen haben die rabattierten Lieferungen
sanktionierten Rohöls aus Iran und Venezuela aufgenommen. Die Preise für
Ölprodukte auf dem europäischen Markt stiegen in Reaktion auf die neuen
Sanktionen deutlich an. Auch die Backwardation der ICE Gasoil Futures zwischen
dem Frontmonat und dem Folgemonat wuchs um etwa 5 $/t auf 15,25 $/t an – ein
Zeichen für Sorgen im Markt um die kurzfristige Versorgung. Verschärfte
Sanktionen gegen Lukoil und Rosneft dürften auch das Risiko für türkische und
brasilianische Käufer von russischem Diesel erhöhen, so ein Händler. Sollte die
Nachfrage aus diesen Märkten nachlassen und sich stattdessen auf nicht-russische
Volumen verlagern, könnte sich das globale Dieselangebot verknappen und
zusätzlichen Druck auf die ICE Gasoil Futures ausüben. Von George Maher-Bonnett,
Benedict George, Amaar Khan, Johannes Guhlke und Marc Hauschild Senden Sie
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