In dieser Klarstellung zum Originalartikel vom 3. September wurde ein Absatz zur Neufassung der DIN 51603-1 von November 2024 und dem darin implementierten Heizöl EL A ergänzt. Dies ermöglicht biogene und synthetische Beimengungen von bis zu 100 %.
Mit der zweiten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) geraten Heizölhändler und Gebäudeeigentümer zunehmend unter Handlungsdruck, mehr regenerative Energieträger zu verwenden. Eine Option wäre der Einsatz von HVO. Aber fehlende gesetzliche Klarheit und ökonomische Hürden schrecken Marktteilnehmer ab.
Laut § 71 GEG müssen neue Heizungen mindestens 65 % ihres Wärmebedarfs aus erneuerbaren Quellen decken. Dies gilt für Neubauten bereits ab dem Jahr 2024 und für Bestandsgebäude spätestens ab Mitte 2028. Dafür sind vor allem hybride Lösungen wie die Kombination von Ölheizungen mit Wärmepumpen, Solarthermie oder Photovoltaik vorgesehen. Doch auch die Nutzung biogener oder synthetischer paraffinischer Brennstoffe kann anteilig zur Zielerfüllung beitragen.
Flüssige Biomasse wie HVO gilt für Händler und Heizungsbesitzer als vielversprechende Option, da bestehende Infrastruktur und Anlagen weiter genutzt werden können. Dies reduziert Investitionskosten und bietet zugleich die Möglichkeit, künftig auch fortschrittliche synthetische paraffinische Brennstoffe wie GtL (Gas-to-Liquid) einzusetzen. Im Vergleich zu herkömmlichem Heizöl könnten bei der Verwendung von reinem HVO etwa 90 % der anfallenden CO2-Emissionen eingespart werden. Gegenüber Fettsäuremethylestern (FAME) besitzt HVO zudem eine bessere Lagerfähigkeit und Emissionsbilanz, insbesondere im Hinblick auf Rußpartikel und Stickoxide.
Was sind die gesetzlichen Hürden für HVO im Wärmemarkt?
Händler und Verbraucher sehen sich derzeit mit einer rechtlichen Grauzone konfrontiert, die Planungen und Investitionen hemmt. Denn obwohl HVO seit der Überarbeitung der DIN 51603-1 im Jahr 2011 als zulässige Komponente für leichtes Heizöl freigegeben ist, fehlt bislang die gesetzliche Anerkennung in der ersten Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImSchV). Diese verweist weiterhin auf die veraltete DIN-Version von 2008, in der die Beimengung von HVO nicht explizit erlaubt ist. Die in § 3 der 1. BImSchV verwendete Formulierung "leichte Heizöle mit gleichwertiger Qualität" lässt nach Einschätzung verschiedener Marktakteure aber Interpretationsspielraum, ob auch Heizöle mit HVO-Anteil gemäß der aktualisierten DIN 51603-1 die Verordnung erfüllen könnten. Da der Verordnungstext jedoch explizit auf die veraltete Normversion verweist, besteht bislang keine rechtssichere Grundlage für die GEG-Anrechnung von HVO in kleinen und mittleren Heizungsanlagen.
Mit der Neufassung der DIN 51603-1 von 2024 erfolgte die Aufnahme von Heizöl EL A, welches explizit die Beimengung höherer Anteile synthetischer und biogener Brennstoffe erlaubt. Gegenüber konventionellem Heizöl EL darf dieses eine um 50 kg/m³ geringere Mindestdichte von 765 kg/m³ aufweisen. Zuvor war der HVO-Anteil in Heizöl aufgrund seiner geringeren Dichte technisch auf etwa 35–40 % limitiert. Wurde die Mindestdichte unterschritten, fiel das Produkt unter die DIN 51603-6 für Bioheizöl EL B. Dort ist als biogene Komponente jedoch ausschließlich FAME (Fettsäuremethylester) nach DIN EN 14214 zugelassen. HVO ist in dieser Norm nicht vorgesehen. Eine weitere Neuerung bietet die technische Spezifikation DIN/TS 51603-8, die speziell für reine paraffinische Brennstoffe wie HVO entwickelt wurde. Sie definiert Anforderungen für Heizöl EL P und ermöglicht damit den Einsatz von reinem HVO in Heizungsanlagen. Diese stellt derzeit aber lediglich eine Vornorm dar und ist damit rechtlich noch nicht bindend.
Für die Nutzung von HVO-Heizöl gemäß DIN/TS 51603-8 oder der novellierten DIN 51603-1 in einer Heizanlage muss vonseiten des Herstellers eine Freigabe erfolgt sein, die seit 2024 beispielsweise durch das "Green Fuels Ready"-Label gekennzeichnet wird. Die meisten Bestandsölheizungen sind für HVO-Heizöl gemäß der aktuellen DIN 51603-1 kompatibel. Dennoch wird Gebäudeeigentümern geraten, ihre Heizung vor dem Betrieb von einem Sachverständigen prüfen und zertifizieren zu lassen. Erste Hersteller bieten zudem Bausätze an, um Bestandsanlagen für den Einsatz von Heizölen mit höherem paraffinischen Brennstoffanteil kompatibel zu machen.
Darüber hinaus berichten Händler von Unsicherheiten in Bezug auf die Steuerklassifizierung von HVO und HVO-Heizöl-Gemischen. Auf Anfrage von Argus bestätigte die Generalzolldirektion, dass HVO gemäß § 2 Energiesteuergesetz (EnergieStG) als Gasöl einzustufen ist, dass bei ordnungsgemäßer Kennzeichnung (Rotfarbstoff und Markierstoff) als Heizöl klassifiziert werden kann. Entsprechend gilt für eingefärbtes HVO der gleiche Energiesteuersatz wie für Heizöl von 6,14 €/100l. Auch Mischungen mit fossilem Heizöl sind zulässig, sofern die Färbung vor der steuerrechtlichen Freigabe erfolgt.
Wie wirtschaftlich ist HVO als Heizöl aktuell?
Theoretisch könnten Händler also HVO in Reinform einfärben und mit dem gleichen Energiesteuersatz wie Heizöl verkaufen. In der Praxis passiert dies jedoch nicht — auch, weil es im Vergleich zu fossilem Heizöl zu teuer wäre. Vor Steuern beläuft sich der Aufpreis von HVO im Handelszentrum Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen (ARA) gegenüber Heizöl auf etwa 100 €/100l. Diese Spanne wird in Deutschland um 14,70 €/100l geschmälert, da die CO2-Abgabe für Inverkehrbringer fossiler Brennstoffe nicht auf HVO erhoben wird. Mit dem perspektivischen Anstieg der CO2-Abgabe könnten sich die Preisniveaus in Zukunft entsprechend weiter angleichen.
Um die Preisdifferenz zwischen herkömmlichem Heizöl und HVO noch weiter zu reduzieren, wird von Interessenverbänden und Marktteilnehmern zudem vorgeschlagen, weitere ökonomische Anreize für die Nutzung biogener Brennstoffe im Wärmemarkt zu schaffen. Dies wird bei der Nutzung von HVO im Verkehrssektor bereits über die Generierung von THG-Zertifikaten getan. So wird bei der Inverkehrbringung von beispielsweise 100 Litern HVO auf Tallölbasis mittels Erlösen aus THG-Zertifikaten ein Mehrwert von etwa 54 €/100l gegenüber fossilem Diesel generiert.
Trotz der hohen Preisaufschläge und regulatorischer Unsicherheiten gibt es aufgrund kommunaler Wärmegesetze aber auch schon erste Erfahrungen bei der Anwendung von HVO in Ölheizungen. So berichten Marktteilnehmer in Schleswig-Holstein von ersten Erfolgen bei Vertrieb und Verwendung von Heizöl mit HVO-Beimengung gemäß DIN 51603-1.
Aufgrund des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes (EWKG) müssen dort ab Mitte 2022 neu eingebaute oder instandgesetzte Heizungen einen regenerativen Energieanteil von 15 % aufweisen. Endkunden, die im Rahmen dieser Vorgaben ihre Ölheizungen gesetzeskonform mit einer Beimengung von 15 % HVO zu fossilem Heizöl weiter betreiben können, seien mit dem moderaten Aufpreis und der technischen Leistung zufrieden, so Händler. Da der Kundenstamm derzeit aber noch überschaubar sei, komme es durch wenige individuelle Anfahrten für kleine Mengen noch zu zusätzlichen Logistikkosten.
Durch das Hamburger Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG) wird bereits seit Mitte 2021 für neu eingebaute oder instandgesetzte Heizungen ein Anteil von 15 % regenerativen Energien vorgeschrieben. Händler in der Region berichten, dass sie auf HVO-Heizöl umrüsten wollen und Kunden dies auch vereinzelt anfragen. Die derzeitige Unsicherheit in Bezug auf die gesetzlichen und technischen Rahmenbedingungen und geringe Verfügbarkeit von vorgemischten HVO-Heizöl-Blends in der Region bremse die Implementierung aktuell jedoch aus. Marktteilnehmer warten hier noch auf klare Signale für eine langfristige Einbeziehung von HVO im Wärmemarkt, bevor sie Investitionen tätigen.
Was fehlt noch für die Etablierung von HVO im Wärmemarkt?
In der Praxis zeigt sich: Dort, wo klare Rahmenbedingungen bestehen, leistet HVO im Wärmemarkt bereits jetzt einen Beitrag zur Dekarbonisierung – zumindest regional und anteilig in Form eines biogenen Anteils in konventionellem Heizöl. Die Nutzung von HVO in Reinform stellt aufgrund der regulatorischen und ökonomischen Hürden derzeit aber noch keine Alternative zu anderen Erfüllungsoptionen für hybride Heizungssysteme mit regenerativem Energieanteil dar.
Um als anrechenbare Option im Rahmen des GEG für Endverbraucher und Händler attraktiver zu werden, müssen neben der bundesweiten gesetzlichen Anerkennung in der 1. BImSchV auch klare technische und normative Standards folgen. Auch die Schaffung wirtschaftlicher Anreize vonseiten des Gesetzgebers, wie es beispielsweise bei der Anrechnung biogener Kraftstoffe auf die THG-Quote im Verkehrssektor bereits der Fall ist, wäre laut Händlern zielführend.


