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20.08.25
Ende des Vertrauensschutz soll Bio-Betrug vorbeugen
Hamburg, 20 August (Argus) — Das Bundesumweltministerium will die
Vertrauensschutzregelung, die Käufer unrechtmäßiger THG-Zertifikate vor
Aberkennung schützt, abschaffen. Dies könnte den Betrug durch falsch deklarierte
Biokraftstoffe reduzieren. Entsprechend dürfte der Import aus Asien zurückgehen,
wodurch die Quotenerfüllung und somit auch fossile Kraftstoffe in Deutschland
teurer werden könnten. Seit 2023 sind große Mengen als nachhaltig ausgewiesene
Biokraftstoffe unter anderem über China auf den europäischen Markt gekommen, bei
denen der Verdacht bestand, dass die Hersteller nicht die Anforderungen für die
notwendige Zertifizierung erfüllen. Biokraftstoffproduzenten benötigen eine
bestimmte Zertifizierung, um von ihnen hergestellte Biokraftstoffe und
Feedstocks als nachhaltig ausweisen zu dürfen. Nur dann können diese von Käufern
in Deutschland zur Erfüllung der Treibhausgasminderungsverpflichtung (THG-Quote)
genutzt werden. Tatsächlich soll es sich in manchen Fällen um palmölbasiertes
Produkt gehandelt haben, das als ein nachhaltigerer Biokraftstoff ausgegeben
wurde. So konnten große Mengen dieser zweifelhaften Biokraftstoffe auf die
THG-Quote angerechnet werden, wodurch der Preis für THG-Zertifikate einbrach .
Auch europäische Biokraftstoffproduzenten gerieten unter Druck, weil sie nicht
mit den niedrigen Preisen der Importware konkurrieren konnten. Das
Bundesumweltministerium (BMUKN) hat am 19. August einen Referentenentwurf
vorgelegt, der solchen Entwicklungen durch eine Anpassung der
Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV) in Zukunft vorbeugen
soll. Die zentrale Änderung für den THG-Quotenhandel wäre dann, dass
Nachhaltigkeitsnachweise von Biokraftstoffen ihre Geltung verlieren, wenn sich
das Zertifikat des Produzenten im Nachhinein als ungültig erweisen sollte.
Bisher konnten Käufer diese Biokraftstoffe in den meisten Fällen trotzdem auf
die Erfüllung der THG-Quote anrechnen lassen, obwohl der Kraftstoff mangels
rechtmäßiger Nachhaltigkeitsnachweise nicht die Anforderungen zur Anrechnung
erfüllt. Dies wurde gemeinhin als Vertrauensschutz bezeichnet. Mit der aktuell
gültigen Rechtslage hätte das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
dem Käufer zunächst nachweisen müssen, dass dieser von der Fehlerhaftigkeit der
Nachhaltigkeitsnachweise gewusst haben könnte. Nur dann wäre eine nachträgliche
Aberkennung möglich gewesen. Dies sei in der Praxis kaum möglich. In einem Fall
aus dem Frühjahr 2025 beispielsweise wurden alle Nachweise eines Herstellers
freigegeben, dessen Existenz angezweifelt wurde. Die Beweislastumkehr, die
bisher in § 17 der Biokraft-NachV verankert war, soll nun wegfallen. Noch ist
unklar, welche Auswirkungen diese Änderungen auf den Preis für THG-Zertifikate
haben könnte. Der Import asiatischer Biokraftstoffe hat aufgrund von
Antidumpingzöllen bereits abgenommen . Die Neuregelung könnte dies weiter
einschränken. Unternehmen, die zur Erfüllung der THG-Quote verpflichtet sind,
werden künftig voraussichtlich deutlich sorgfältiger prüfen, ob die gekauften
Biokraftstoffe und deren Nachweise gültig und vertrauenswürdig sind. Bereits
jetzt sind große Unternehmen bereit, Aufpreise für Erfüllungsoptionen zu zahlen,
wenn sie sich dafür auf die Integrität der Quelle verlassen können. Eine weitere
Anpassung sieht ergänzend vor, dass Nachhaltigkeitsnachweise eines Produzenten
generell ihre Gültigkeit verlieren würden, wenn sich die Zertifizierung des
Produzenten als fehlerhaft erweist. Bisher tun sie das nur in bestimmten Fällen,
zum Beispiel, wenn Nachweise bewusst gefälscht wurden. Darüber hinaus sollen
alle Nachhaltigkeitsnachweise ihre Geltung verlieren, sollten sie drei Jahre
nach der Erstellung nicht eingereicht oder weitergegeben worden sein. Dies
betrifft auch bestehende Nachweise. Der Referentenentwurf führt außerdem ein,
dass bei begründeten Zweifeln an der Art oder Herkunft des Rohstoffes die
Zertifizierungsstelle zu Lasten der betroffenen Lieferkettenschnittstelle Proben
des Produktes in unabhängigen Labors analysieren muss. Das Ausstellen eines nach
§ 17 ungültigen Nachweises würde überdies nun eine Ordnungswidrigkeit
darstellen. Sollte die Anpassung der Biokraft-NachV wie beschrieben in Kraft
treten, müssten Käufer von THG-Zertifikaten selbst Sorge dafür tragen, dass
diese auch korrekt und gültig sind. Bestehende Nachweise behalten ihre
Gültigkeit, wenn sie bis zu vier Wochen nach Inkrafttreten des
Referentenentwurfes ausgestellt wurden. Zertifizierungsstellen, die bereits
anerkannt sind, behalten diesen Status bis spätestens zum 31. Dezember 2026.
Dann müssen sie sich neu akkreditieren. Eine rückwirkende Aberkennung von
ungültigen Zertifikaten sieht der Referentenentwurf nicht vor; stattdessen
werden die Regeln für zukünftige Nachweise stark verschärft. Der Verband
"Initiative Klimabetrug stoppen" kritisierte zuvor in einer Pressemitteilung,
dass sich aufgrund des Vertrauensschutzes niemand um die erforderliche Sorgfalt
kümmere und weist darauf hin, dass in vielen anderen Ländern kein
Vertrauensschutz existiere und dort Inverkehrbringer selbst für die Überwachung
ihrer Lieferkette zuständig seien. Verbände haben nun bis zum 29. August Zeit,
zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Von Max Steinhau Senden Sie Kommentare und
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